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Verrath's Tür

von Verrath

Ja nun, da steht sie also plötzlich vor mir, diese Tür... Mitten im Raum steht sie, und ich kann um sie herum laufen. Von der anderen Seite sieht sie ganz genauso aus... Wo mag sie wohl hergekommen sein? Hey, da steht ja mein Name drauf! Dann werde ich sie mal öffnen... Sieh mal an, sie führt in eine Taverne....

 

Sie sind ein merkwürdig gegensätzliches Paar, und doch seltsam verbunden. Das ist das erste, was mir auffällt, als ich die beiden sehe. Eine hübsche, junge Frau mit honigfarbenem Haar, voll freundlicher Ausstrahlung, die die Herzen der anderen Gäste im Sturm zu erobern vermag, mit einem Lächeln hier, einem freundlichen Wort da. Sie redet angeregt zu einer kleinen Gruppe von Zuhörern, die sich in einem Halbkreis um den Tisch im hinteren Teil der Gaststube versammelt hat, den sich die junge Frau und ihre Begleiterin ausgesucht haben.

Eine Bardin wahrscheinlich, und eine ziemlich gute noch dazu, denn sie erzählt ihre Geschichte nicht nur mit bloßen Worten, sondern mit ihrem ganzen Körper. Ihre lebhaften Gesten und ihre kräftige und meisterhaft kontrollierte Stimme schaffen eine packende Atmosphäre, verwandeln ihre Worte in Bilder und Geräusche, Gerüche und Gefühle.

Von Zeit zu Zeit wandert ihr Blick zu ihrer geheimnisvollen, dunkelhaarigen Partnerin, die schweigsam auf der Bank sitzt, den Rücken gegen die Wand gelehnt und die Beine unter dem Tisch verkreuzt. Sie sitzt dort völlig bewegungslos, nur gelegentlich nimmt sie einen Schluck von ihrem Bier, oder sie hebt ihrem leeren Krug, um wortlos bei der Bedienung einen frischen zu bestellen.

Sie sieht aus, als schliefe sie fast, und scheint sich nicht im Mindesten für die Geschichte zu interessieren, die die Bardin gerade erzählt. Und doch strahlt sie etwas von einer gespannten Sprungfeder aus, und nicht einmal ihre halb geschlossenen Augen und ihre entspannte Haltung können darüber hinwegtäuschen. Sie ist in dunkles Leder gekleidet und trägt einen Brustschild aus Bronze. Ein Schwert und eine seltsame, runde Wurfwaffe liegen neben ihr auf der Bank, einen schnellen Handgriff entfernt. Sie ist durch und durch eine Kriegerin.

Die quirlige kleine Bardin kann sich voll und ganz auf ihre Kunst konzentrieren - allein die Nähe der düsteren Kriegerin ist genug, um solche, die der Bardin zu nahe treten wollen, eines Besseren zu überzeugen. Mit dieser Frau ist nicht gut scherzen!

So verschieden die beiden auch sein mögen, die helle, lebhafte Bardin, die dunkle, schweigsame Kriegerin, es verbindet sie etwas, das weitaus tiefer ist als nur Kameradschaft. Ich kann es in den Blicken sehen, die die beiden immer wieder austauschen. Die Bardin hält dann immer inne, und ein kleines Lächeln huscht über ihr Gesicht.

Die Veränderung in der Kriegerin, wenn immer sie die Bardin ansieht, ist noch viel dramatischer. Ihre harten, kühlen Gesichtszüge entspannen sich, ein warmes Leuchten tritt in ihre stahlblauen Augen. Sie würde sterben für die Bardin, und die Bardin für sie.

Ich trinke meinen Wein aus und zahle, bevor ich wortlos wieder zur Tür hinaus gehe. Meine Künste werden hier wohl nicht gebraucht. Hier ist schon eine Bardin, und ich kann ihr nicht das Wasser reichen. Ein bißchen neidisch bin ich schon auf das, was diese ungleichen Gefährten ohne Zweifel aneinander haben.

Sicher jedoch gibt es über die beiden unzählige Geschichten zu erzählen. Vielleicht ist es auch mir gegönnt, einige davon zum Besten zu geben... Lächelnd schließe ich die Tür hinter mir. Ich komme wieder.

Tür zu. ;-)

Kommentare werden immer gerne genommen - Ihr erreicht mich unter verrath@gmx.de

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