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Alte Kriegerinnen ... Sind Knackiger

von Kamouraskan, Lariel und Verrath
(Übersetzt von Verrath)

Vorwort

Kamouraskans Version...

Ich erholte mich gerade am Brightoner Strand - ich hatte mein wunderschönes "Verrath went to a Convention and all I got was this lousy T-Shirt" - T-Shirt an - als mir der Gedanke kam - und ich sagte das auch Lariel - daß ja irgendwer dieses T-Shirt bemerken und fragen könnte, ob ich Verrath denn kenne. Und dann könnte ich sagen, "Ich kenne sie nicht nur, sondern sie sitzt hier auf dieser Bank, und das neben ihr, das ist die berühmte Bardin Lariel. Ach, ja und ich, ich bin Kamouraskan." Lariel hat mir sofort Alkoholverbot erteilt. Und dann bestand sie darauf, das wir eine Komödie schreiben, um unser Zusammentreffen gebührend zu zelebrieren...

Verraths Klarstellung...

Vor nicht allzu langer Zeit brach ich, froh, endlich Urlaub zu haben, zu einer Kurzreise nach England auf. Ich freute mich schon darauf, ein paar geruhsame Tage dort zu verbringen und neue Freunde kennenzulernen, den Brightoner Strand zu besuchen, eben solche Dinge, die man im Urlaub gerne tut. Und dann mußte ich mich schon am ERSTEN Abend mit Irish Coffee und verschiedenen Weinen bis zur Verdummung betrinken (na ja, gehört nicht allzu viel dazu). In meiner Verzweiflung warf ich meinen boshaften Gastgebern zwei "Verrath Went To A Convention And All We Got Was A Lousy T-Shirt" T-Shirts entgegen, in der Hoffnung, sie gnädig zu stimmen. Zum Dank mußte ich Pfannkuchen mit Ahornsirup und Speck essen (schmeckte erstaunlich lecker, aber verratet bloß nicht, daß ich das gesagt habe).
Wo war ich? Ach ja. Ich hatte natürlich keine Wahl, und mußte mich ihren finsteren Machenschaften fügen. Sie 'überzeugten' mich also, daß wir mit einer Kollaboration beweisen mußten, daß sich alles wirklich so zugetragen hat...

Lariel erzählt, was wirklich passiert ist...

Verrath und ich machten uns einen schönen Tag in Brighton. Wir machten gerade einen Spaziergang am Pier und lutschten an echtem "Brighton Rock", als wir jemanden bemerkten, der die Abfalltonnen neben einem Aal & Muschel-Verkaufsstand durchwühlte. Verrath war natürlich furchtbar betroffen. "Um Himmels Willen, das ist doch der berühmte Barde, Kamouraskan!" Ich nickte nur traurig - schrecklich, so ein Talent auf diese Art zu verlieren - und zerrte sie rasch hinter den Stand, damit er uns nicht bemerkte. Zu Spät. Er warf den Fischkopf weg, an dem er gelutscht hatte, und hüpfte zu uns herüber. "Seid ihr Barden? Können wir nich ne Geschichte zusammen schreiben? Können wir? Bittebitte?? Aus lauter Verzweiflung - und um den Fischgeruch loszuwerden, der ihm anhaftete - schleiften wir ihn in ein Café und zogen ihm ein "Verrath Went To A Convention And All I Got Was This Lousy T-Shirt" T-Shirt an. Dann stopften wir ihn mit Tee und Schokolade voll und gaben ihm einen Bleistift zum Kritzeln. Wir hätten es wirklich besser wissen müssen...


Und nun zu der eigentlichen Geschichte!

Gabrielle rollte die Schriftrolle weiter auf und las laut vor.

"... und ich mach mir ja solche Sorgen um meine Jüngste. Dein Cousin hat sie neulich auf dem Schlachtfeld gesehen und sie sah so schrecklich blaß und dünn aus. Bestimmt hat sie schon seit Ewigkeiten nichts anständiges zu essen bekommen! Man sollte meinen, jetzt, wo sie Thrace erobert hat, hätte sie mehr Zeit, ihrer Mutter zu schreiben, aber nein! Ich habe seit Monaten nichts mehr von ihr gehört.
Wir glauben, daß Sie für ihre Feldzüge einen Seehafen braucht. Wahrscheinlich plündern sie deshalb bald in eurer Nähe - wenigstens bekommt sie dann etwas frische Luft. Aber könntest Du nicht mal mit ihr reden? Ich weißt doch, wie sehr sie zu Dir aufsieht. Und sag ihr, sie soll sich warm anziehen, die Luft an der See ist doch so kalt...

Deine Dich liebende Tochter - Laetitia

 

Gabrielle rollte das Pergament zusammen und setzte ihre Lesebrille ab. Sorgsam legte sie die Brille auf dem Tisch vor sich ab und gab die Schriftrolle an Xena weiter. Xena nahm sie lächelnd entgegen und begann prompt, sich damit den Rücken zu kratzen.

"Welche ist das nochmal?" fragte die Kriegerin.

"Laetitia. Sie mach sich wieder mal Sorgen um Alma die Schreckliche," erklärte Gabrielle geduldig.

"Alma die Schreckliche?"

"Laetitias jüngste Tochter."

"Und ist diese 'Alma' mein Enkelkind oder deins?" fragte Xena, und warf die Schriftrolle zu Gabrielle zurück, bevor sie ihre Serviette vom Tisch nahm und sie sich um den Hals band. Dann zog sie die Zuckerschüssel zu sich herüber und begann, sehr zum Ärgernis ihrer Gefährtin, mit den Zuckerstückchen zu spielen.

Gabrielle nahm ihr stirnrunzelnd die Schüssel weg, strich aber gleichzeitig eine verirrte Strähne ergrauten Haares aus den Augen ihrer Freundin. "Sie erobert gerade Griechenland. Was glaubst du wohl, aus welcher Seite der Familie sie kommt?"

"Dann ist Laetitia also meine Tochter?"

"Ja genau. Das war damals, als wir diesen Streit hatten, weiß du noch? Als du danach mit den Spartanern verschwunden bist..."

"Welcher Streit war das nochmal? Der, bei dem ich dich hinter dem Pferd hergeschleift habe?" Xenas Blick schweifte geistesabwesend in der Cafeteria des Korinther Heimes für Würdevolles Altern umher.

Gabrielle knirschte mit den Zähnen.

"Davon kann man nicht schwanger werden," fügte Xena zanklustig hinzu.

"Ich weiß nicht. Du scheinst ja ansonsten von so ziemlich allem schwanger geworden zu sein," knurrte Gabrielle.

"Du bist immer noch sauer wegen damals, oder?" sagte Xena mit unschuldiger Mine. "Jap, sieht ganz so aus. Und als nächstes fängst Du bestimmt wieder von der Sache mit deinem kleinen Chakram-Kratzer an deinem Kopf an."

"KRATZER?" Gabrielles Augen drohten, aus den Höhlen zu springen. "Hast du 'KRATZER' gesagt??"

Xena schien etwas antworten zu wollen, aber just in diesem Augenblick wurden Sie glücklicherweise unterbrochen, als ein Bediensteter an ihren Tisch herantrat. Auf seinen Händen balancierte er vorsichtig zwei dampfende Suppenschüsseln, die er vor den beiden auf den Tisch stellte. Dann entfernte er sich mit etwas mehr Eile, als unbedingt nötig gewesen wäre.

"Hühner-Nudelsuppe? Das habe ich nicht bestellt," fauchte Xena.

"Doch, das hast du," sagte Gabrielle freundlich und rückte den Häkelschal auf ihren Schultern zurecht, "Du hast ganz genau das bestellt."

"Das sagst Du immer," murmelte Xena schlürfend. "Du weißt genau, daß sich die Nudeln immer zwischen meine Zähne hängen."

"Hast du sie deshalb nicht an? Wo sind sie eigentlich?" Gabrielle wandte sich ihrem eigenen Suppenteller zu.

Eine blonde alte Frau humpelte an ihrem Tisch vorbei, ihr Blick nach innen gerichtet. Sie schien auf irgendetwas oder irgendjemanden zu warten. Ein seliges Lächeln verklärte ihre Züge, als sie unsicher auf das große Fenster am Ende des Saales zuschlurfte.

Xena grinste diabolisch, sah kurz zu Gabrielle herüber, die sich auf ihr Essen konzentrierte, und flüsterte der blonden zu, "Das Licht! Geh ins Licht!"

Die Frau hielt einen Moment inne; ein erleuchteter Ausdruck breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Dann stapfte sie mit zittrigen und doch mit neuem Schwung gefüllten Schritten auf den lodernden Kamin zu. Xena kicherte in sich hinein und tauchte ihren Löffel in die Suppe. Als sie aufblickte, traf sie Gabrielles mißtrauischen Blick.

"Wo waren wir stehengeblieben?" Mit Unschuldsmine leerte Xena ihren Teller und fing an, nach dem Hauptgericht zu suchen.

"Bei deiner Tochter."

"Eve?" Die alternde Kriegerin merkte auf. "Eve kommt?"

"Nein," erwiderte Gabrielle mit finsterer Mine. "Eve kommt NICHT hierher."

"Nein?

"NEIN!"

"Weißt du, seitdem du deine dunkle Seite entdeckt hast, kommen du und Eve einfach nicht mehr miteinander aus." Xena griff erneut nach der Zuckerschüssel, kramte ein wenig darin herum, und ließ schließlich einen Würfel in Gabrielles Teetasse fallen.

Gabrielle riß der Geduldsfaden. "Die ist doch total durchgeknallt! Wollte mich auf eine von diesen idiotischen heiligen Fastenkuren schicken. Da sitzt man dann oben auf einer einsamen Säule auf einem Berg, drei Monate lang, ohne zu essen. Kannst du dir das vorstellen? Ich und nichts essen! Ich meine... AAAAHHH!"

"Stimmt. Drei Monate würden da wohl kaum reichen."

Gabrielle gab Xena einen bösen Blick. "Ich glaube, ich kriege wieder diese Kopfschmerzen..." Sie tastete vorsichtig nach ihrer Chakram-Narbe.

Xena warf die Hände in die Luft. "Ich hab's gewußt, daß du wieder damit anfangen würdest."

Plötzlich drang ihnen der scharfe Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase. Mehrere Pfleger rannten an ihnen vorbei auf den Kamin zu.

"Was ist denn da los?" Fragte Gabrielle einen Helfer, der mit einem Krug voll Wasser an ihr vorbei eilte.

"Najara, schon wieder," erklärte der gehetzte Mann, und warf einen Blick zum Kamin, wo die noch qualmende alte Frau wirres Zeug daherredete. "Wissen Sie, das ist schon das fünfte Mal diese Woche. Die Djinn scheinen ihr diese Flausen in den Kopf zu setzen..."

"Die Djinn, ja klar..." Gabrielle blickte prüfend zu Xena herüber, die völlig auf die Zuckerstückchen konzentriert war, aus denen sie emsig eine Festung baute. "Es war nur eine Nacht! Und es ist schon so lange her. Du und ich, wir hatten ein paar Probleme damals..."

Xena grunzte etwas, und begann mit der Balustrade.

"Nur EINE lausige Nacht!!"

Scheinbar völlig in ihre Arbeit vertieft, sagte Xena, "Mehr Zuckerschüsseln. Ich brauche eine Knautschzone."

Gabrielle seufzte. "Du bist ja heute wieder allerliebst. Dir ist ja hoffentlich klar, daß Salmoneus Jr. zwei Dinare frür zehn von diesen Dingern verlangt."

"Dieser kleine Blutsauger. Wir hätten das Doppelbett niemals bekommen, wenn ich ihn nicht windelweich geprügelt hätte."

"Was mußt du ihm denn antun, damit wir wieder zwei einzelne Betten kriegen?"

Xena unterbrach ihren Fort-Bau. "Zwei Einzelbetten? Aber was ist den mit unseren Mittwoch-, Donnerstag- und Samstagnächten?

Gabrielle sah sie unverwandt an. "Du bist nicht mehr so gelenkig wie damals, falls du es noch nicht gemerkt hast."

Erbost sprang Xena auf. "Ich werde dir zeigen, wer hier gelenkig ist!" Sie nahm die Position ein (rechter Fuß vor) und stieß zum Entsetzen aller Anwesenden ihren Kampfschrei aus, bevor sie einen Salto versuchte. Wenige Augenblicke später fand sie sich mit dem Gesicht nach unten auf ihrer Zucker-Festung wieder.

Gabrielle half ihr beim Aufstehen und renkte ihren Rücken ein, dann geleitete sie sie zu ihrem Stuhl zurück.

Verwirrt und gehetzt blickte Xena um sich. "Was ist passiert? Wer war das? Es waren wieder die Perser, nicht wahr, Gabrielle?"

"Ja, Liebes. Die Perser."

In Windeseile erschien Salmoneus Jr. am Tisch. Er blickte händereibend auf den Berg zerbröselter Zuckerwürfel, ein gieriges Funkeln in seinen Augen. "Das wären dann sechzehn Dinare, meine Damen."

Xena richtete sich zu ihren vollen 1,67 Metern auf. "Wie wäre es, wenn ich die aus der miesen kleinen Wechselgeldkasse nehme, die du als Herz hast? Wir sind Rentner, falls du das noch nicht gemerkt hast!"

Die Augen des Mannes weiteten sich, und er ging vorsichtig einen Schritt rückwärts.

"Schreib's auf unsere Rechnung," sagte Gabrielle leise hinter Xenas Rücken und winkte ihn davon.

Die Aufregung und Xenas spektakuläre Darbietung hatten die Aufmerksamkeit einer eleganten Blonden erregt, die nun langsam zu den beiden herüberglitt. Sie leuchtete geradezu vor Güte. "Ich sehe, ihr habt heute einen Brief bekommen?" fragte sie hoffnungsvoll.

Gabrielles linke Wange begann zu zucken. "Nein, Callisto, er ist NICHT von Eve!"

"Eve? Eve kommt?" Xenas Gesicht hellte sich auf, bis sie sah, wie Callisto ihre Hand nach der Schriftrolle ausstreckte. "DU! Scher dich zum Tartarus! Ich hab das Sorgerecht, hörst du? SORGERECHT!"

"Aber ich würde doch nie irgendetwas tun, um dir oder Eve wehzutun. Ich liebe dich, Xena," sagte Callisto aus ganzem Herzen. "Ach ja, dich auch, Gabrielle."

Das zuckersüße, sanfte Lächeln jagte Xena und Gabrielle einen Schauer über den Rücken. Die frühere blutrünstige Kriegerkönigin wurde unter inbrünstigen Entschuldigungen an die beiden Frauen zurück zu ihrem Tisch eskortiert.

"Manchmal wünscht man sich einfach die alte Callisto zurück," murmelte Xena ihrer Gefährtin zu.

Gabrielle nickte zustimmend und begann damit, das Hauptgericht zu inspizieren.

"Kommt uns denn dieses Wochenende jemand besuchen?" Xena nahm ein Brötchen und lutschte daran.

"Das ist ja ekelhaft, Xena! Wo hast du denn schon wieder deine Zähne?" Sie nahm ihrer Freundin das Brötchen ab und schnitt es für sie in kleine Häppchen.

"Ich dachte, die trage ich..." Xena tastete auf ihrer Nase herum.

"Das ist deine Brille, Xena. Und Eve kommt uns in jedem Fall heute nicht besuchen. Sie ist immer noch nicht über ihren letzten Besuch hinweg. Sie sagt, sie muß nochmal drei Monate auf ihrer Säule fasten, um sich vom weltlichen Übel ihres großen Bingo-Sieges zu reinigen."

"Bingo?" Xena zog einen Zettel aus ihrem Rucksack und begann damit, ihre Nummern zu markieren. "Ist es schon acht?"

Gabrielle seufzte. "Nein, Liebes, heute ist Sonntag. Bingo spielen wir doch immer Freitags. Wir warten doch gerade auf die Kinder. Sie kommen uns doch Sonntags besuchen, weißt du nicht mehr?"

"Wessen Kinder?"

"Das frage ich mich auch manchmal," murmelte Gabrielle mit düsterer Mine und begann, ihren Fisch zu zerhacken. "Warum schickt Ares eigentlich jede Woche diese 20 Dinare?"

Xena versuchte, unschuldig dreinzuschauen. "Wir haben eine Abmachung getroffen."

Gabrielle wollte der Sache gerade nachgehen, als sich auf einmal eine Gräte in ihrem Hals festsetzte. Sie würgte, hustete und rang nach Luft." Xena erhob sich auf zittrigen Beinen und rief durch den Raum. "Alti, du alte Schachtel! Laß sie in Ruhe, ich bin es doch, hinter der du her bist!"

Mit etwas Mühe konnte Gabrielle die verirrte Gräte unter Kontrolle bringen. Mit sanfter Gewalt zog sie Xena auf ihren Stuhl zurück. "Nein Xena, das war nicht Alti. Mit ihrer geistigen Kraft kann die niemanden mehr erwürgen. Allerdings klaut sie immer deine Bingo-Zettel."

"Bingo! Bingo!!!" rief Xena, ihren Zettel wild hin- und herschwenkend.

Gabrielle ließ den Kopf sinken. "Nein, Xena, Freitags spielen wir Bingo, jetzt pack den Zettel wieder weg, bevor er noch anfängt, nach Fisch zu mief-"

"Eve? Eve kommt?"

Endlich riß Gabrielle der Geduldsfaden, und sie rastete aus. "Nein, Xena, Eve kommt nicht, weil sie TOT ist!!!"

"Tot? Aber du hast doch gesagt, sie sitzt auf einer Säule auf einem Berg..."

"Dann ist sie wohl von ihrer blöden Säule auf ihrem blöden Berg runtergefallen."

Xena begann zu zittern. "Mein Baby ist tot?"

Gabrielle beruhigte sich wieder und seufzte. "Nein, sie ist nicht tot, Xena. Ich habe das nur gesagt, weil Du mich heute wieder total zur Weißglut bringst."

Xena sah ihre Freundin wehmütig an. "Weißt du, früher warst du mal so nett... was ist nur passiert?"

"Was ist passiert, fragst du? WAS IST PASSIERT!!!" Der Finger der Bardin fuchtelte und zeigte schließlich genau auf die Zerstörerin von Nationen im Ruhestand, ein sicheres Zeichen dafür, daß sie sich gerade so richtig in Rage redete. Xena schluckte und versuchte, sich hinter ihrem geräucherten Fisch zu verstecken. Bevor Gabrielle aber wirklich warm werden konnte, eilte ein Pfleger herbei.

"Fräulein Gabrielle. Brauchen Sie Ihre Medizin?"

Die Bardin außer Dienst fauchte den Mann an. "NEIN! Ich brauche getrennte Betten! In getrennten Zimmern! In getrennten Ländern!"

Xena lächelte den Pfleger strahlend an. Sie tätschelte Gabrielles Hand und sagte, "Beachten sie sie gar nicht. Das sagt sie immer. In Wirklichkeit kann sie mir gar nicht widerstehen."

"Ach nein?" Die ex-Bardin verschränkte die Arme.

"Na ja, schließlich bist du mir lange genug nachgelaufen."

Gabrielle errötete leicht. "Ich habe dir schonmal erklärt, daß das nichts mit 'nachlaufen' zu tun hatte..."

"Fräulein Gabrielle," unterbrach der Pfleger, "Da Sie nun immernoch ein Zimmer mit Fräulein Xena teilen... nehmen sie doch diese Pillen. Aber, sie beide haben doch für heute Ausgang beantragt, wieso sind sie denn dann noch hier?"

"Ausgang?" Gabrielle sah ihre Partnerin fragend an.

Eine knorrige Hand schoß nach vorne und ergriff den Kragen des Pflegers. "Besten Dank," knurrte Xena, und drehte den Kragen, bis der arme Mann nach Luft japste. "Damit hat sich das mit der Überraschung wohl erledigt." Sie wandte sich Gabrielle zu. "Wenn du es unbedingt wissen mußt, ich habe den Kindern gesagt, sie brauchen heute nicht vorbeizukommen. Ich habe eine Kutsche gemietet... ich dachte, bei dem schönen Wetter... ans Meer...?"

"Und damit ich nichts merke, dachtest du dir, du bist heute mal ganz besonders unausstehlich?"

"Das ist eine meiner vielen Fertigkeiten."

"Ja, das ist es wohl," stimmte Gabrielle ihr zu.

Als Xena den Pfleger losließ, warf der hastig einige weiße Tabletten und machte sich davon. Xena sah ihm finster nach. "Warum bekomme ich eigentlich nie Tabletten?"

"Ganz ruhig, Liebes, reg dich doch nicht auf. Das darfst du ihnen nicht übel nehmen. Du weißt doch noch, wie du das Dorf kurz und klein geschlagen hast, als sie dir das letzte mal eine falsche Dosis verpaßt haben..." Die einstmals blonde Bardin schob ihrer Freundin eine kleine Pille zu, und die beiden teilten ein verschwörerisches Lächeln.

"Möchtest du noch Nachtisch, bevor wir gehen?" fragte Gabrielle schließlich.

"Apfelkuchen macht nur halb so viel Spaß, wenn man seine Zähne nicht finden kann. Oder hattest du an was anderes gedacht?"

Gabrielle grinste nur, und half ihrer Kriegerprinzessin vom Stuhl hoch.

"Ich behaupte immer noch, daß du mir nicht widerstehen kannst," sagte Xena selbstsicher.

"Das werden wir sehen."

"Irgendwann wird dir das Ganze hier vielleicht langweilig werden. Jetzt, wo ich alt bin."

Gabrielle sah sich nachdenklich um, blickte auf die zitternden Pfleger, eine triefend nasse Najara, und eine inbrünstig betende Callisto. "Vielleicht, aber nicht heute. Und überhaupt, ich dachte, diese Realität gefällt dir?"

"Besser alt als tot."

"Sicher?"

"Vor allem, wenn du heute ein gewisses Top am Strand trägst..."

"Xena. Die Leute wollen keine alte Frau in einem Amazonen-Bikini sehen."

"Ich schon. Und wenn jemand was dagegen hat..." Sie griff hinter sich und zog ihren Spazierstock aus der Schwert-Scheide. Für einen kurzen Augenblick stand sie aufrechter, und ihre Augen blitzten auf.

"Meine Heldin," lächelte Gabrielle und ergriff die Hand ihrer Partnerin.

Als die beiden auf dem Weg zum Ausgang waren, begegnete ihnen ein alter Mann, der mit einer Toga bekleidet war und an zwei Stöcken humpelte. Mit einer blitzschnellen Bewegung, die man ihr in ihrem Alter niemals mehr zugetraut hätte, kickte Xena die beiden Krücken unter ihm weg. Er fiel unter lautem Krachen, sein knochiger Hintern in die Höhe gestreckt.

"Dich werd ich lehren, mich zu kreuzigen!" krähte sie.

"Oh, Xena, sieh doch - deine Zähne!" Gabrielle zeigte auf den gefallenen Cäsar, in dessen dünnem Hinterteil die verlorenen Beißerchen festgebissen waren.

"Manchmal denke ich, die machen sich heimlich selbständig," sagte Xena, und schob das Gebiß in ihren Mund.

Gabrielle schloß angeekelt die Augen. "Igitt! Ich kann nicht glauben, was du da gerade getan hast, Xena! Du weißt doch, er hat dieses... Problem... hat. Ich hoffe, du erwartest nicht, daß ich dich jetzt küsse."

"Ach, na ja, früher oder später wirst du mich schon wieder küssen..." Die alternde Kriegerin zwinkerte verschmitzt.

"Ach, wirklich?"

Xena nickte und zeigte grinsend die Zähne (jetzt, da sie das wieder konnte). "Denk an das Doppelbett."

"Meinst du etwas das, in dem du all die Nußbrot-Krümel verteilt hast? Du weißt genau, daß ich da nicht eher reingehe, bis du es wieder richtig saubergemacht hast."

Und während sich die Nachmittagssonne langsam über dem Korinther Heim für Würdevolles Altern senkte, schritten eine ehemals große Kriegerin und ihre noch immer geschwätzige Bardin würdevoll auf die wartende Kutsche zu.

Als sie außer Sicht waren, war auf einmal ein dumpfer Schlag zu hören, gefolgt von einem Krachen und einem erbosten Wiehern. "Ach ja? Du willst also Mucken machen, ja? Warte nur, bis ich wieder auf den Beinen bin, und dann werde ich-"

"Xena, bitte! Setz dich doch einfach IN die Kutsche, okay?"

 

Ende

 

Kommentare werden immer gerne genommen - Ihr erreicht mich unter verrath@gmx.de

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