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Die Hantel ist mächtiger... oder: Joxers Dilemma

von Verrath

"Ja, Xena! Komm schon! Drück! Drück!"

Schweiß glänzte auf der sonnengebräunten Haut der Kriegerprinzessin und akzentuierte glitzernd die rhythmischen Bewegungen ihres durchtrainierten Körpers.

"Ja! Gleich!"

Xenas Atem ging schwer; die Muskeln rippelten unter der feuchten Haut. Die Worte der Bardin, und das geliebte Gesicht, auf dem die gleiche innere Anspannung zu lesen war, die Xena selbst verspürte, spornten sie weiter an - auf und ab, auf und ab.

"Gleich hast du die hundert, Xena. Zieh durch!"

"Dreiundneunzig, vierundneunzig..." keuchte die Kriegerin, als sie die beiden Hanteln wieder und wieder mit ausgestreckten Armen nach oben führte. Gabrielle hatte sich eine Übungsreihe ausgedacht, die jede ihrer Muskelgruppen beanspruchen sollte. Aber diese hier, die vor allem auf die Brustmuskeln zielte, schien es der Bardin besonders angetan zu haben. Das war schon der dritte Durchgang!

"Achtundneunzig, neunundneunzig, hundert!" Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ Xena die Hanteln sinken.

Sie befanden sich im Hauptraum einer neuartigen Einrichtung, die Gabrielle durch einen Zufall bei ihrem letzten Einkaufsbummel durch Athen entdeckt hatte. Der Eigentümer warb damit, daß er in diesem Gebäude Geräte und Gewichte - sogenannte Hanteln - zur Verfügung stellte, die eigens für Krieger entwickelt waren, um den Muskelgruppen, die bei herkömmlichem Kampftraining gerne vernachlässigt wurden, ein effektiveres Krafttraining zugute kommen zu lassen.

Er nannte es "Fitneß-Studio".

Xena hatte zunächst nur verächtlich den Kopf geschüttelt. Kein Krieger, der etwas auf sich hielt, würde auch nur einen Fuß in diese Räumlichkeiten setzen. Aber dann hatte Gabrielle sie wieder mit diesem Blick angesehen...

Zu ihrem mittleren Erstaunen war es schwierig gewesen, einen Platz an den Trainingsgeräten zu ergattern. Hühnerbrüstige Männer mit nacktem Oberkörper und spärlich bekleidete mollige Frauen bevölkerten die geräumige Halle.

"Krieger, hm?" hatte sie mit hochgezogener Augenbraue zu Gabrielle gesagt. Die hatte nur mit den Schultern gezuckt.

Doch schon nach einigen Sitzungen mußte Xena zugeben, daß die Idee doch nicht ganz so schlecht war. Natürlich, wären sie unterwegs gewesen und nicht auf einem kurzen Zwangsurlaub, während Gabrielle ein Seminar für Barden besuchte, dann hätte sie so etwas nicht nötig gehabt - die weite Welt und ihre Gefahren waren Training genug! Aber sie stellte fest, daß die täglichen Sitzungen hier sie dem erzwungenen Aufenthalt gelassener gegenüberstehen ließen. Sie war eben kein Mensch, der lange stillsitzen konnte.

Auch Gabrielle hatte die ganze Sache sehr enthusiastisch aufgenommen und sich sofort darangemacht, einen ausgiebigen Trainingsplan für ihre Freundin zu entwerfen. Natürlich war sie auch immer in der Nähe, um sicherzustellen, daß er auch eingehalten wurde. Das war der einzige Grund. Die Faszination, die Kriegerin minus Rüstung und Leder in der freizügigen Trainingsbekleidung (die Gabrielle selbst ausgesucht hatte, zu Xenas Entsetzen) zu sehen, dem Oberteil, das ihren Bauch freiließ und die kurzen Hosen, die ihre muskulösen Oberschenkel so richtig zur Geltung brachten... den Schweiß auf ihrer Haut glänzen zu sehen, ihren schweren Atem zu hören, das Spiel ihrer eisenharten Muskeln unter der bronzenen Haut zu beobachten... das alles hatte überhaupt nichts damit zu tun!

Jetzt zückte sie geschäftig die Schriftrolle, auf der sie alle Übungen niedergeschrieben hatte.

"Nein, Gabrielle," knurrte die Kriegerin, als die Bardin zu sprechen anhub. "Ich werde heute nicht eine Hantel mehr heben, so wahr mir Zeus helfe. Wir sind jetzt schon seit Sonnenaufgang hier. Ich brauche ein Bad, und Frühstück."

"Aber Xena, wir kommen jetzt zu deinem Allerwertesten. Das ist eine Problemzone, weißt du? Das viele Reiten hat ihn..."

"Gabrielle!!!"

"Du weißt, daß ich Recht habe," sagte Gabrielle grinsend.

"Unsinn," murmelte die Kriegerin, und blitzte die Bardin aus stahlblauen Augen an, als diese zu kichern anfing.

Xena hatte keine Chance, richtig böse zu werden, denn in diesem Augenblick flog die Tür zum Übungsraum auf, und eine wohlbekannte Gestalt stolperte herein. Xena verdrehte die Augen. Gabrielle seufzte tief.

"Dachte ich mir dich, daß ich euch hier finde," sagte Joxer. Die Erleichterung in seiner Stimme war nicht zu überhören. "Hört mal, Mädels, ich stecke in ein paar Schwierigkeiten..."

Xena stöhnte leise. Dann legte sie sich wortlos bäuchlings auf die Hantelbank, klemmte sich eine Hantel zwischen die Beine und begann mit der nächsten Übung.

"Was ist passiert, Joxer?" fragte Gabrielle. "Hast Du dem hier ansässigen Kriegsherrn aus Versehen einen Krug Bier übergeschüttet und wirst jetzt von einer Horde streitlustiger Soldaten verfolgt?"

"Äh... so ähnlich," antwortete Joxer verlegen. Er schluckte. "Jedenfalls wäre es gut, wenn ich für eine Weile untertauchen könnte..." Er sah die beiden Frauen flehend an.

Gabrielle überlegte kurz; Joxer sah ehrlich verzweifelt aus. Sie mußten ihm irgendwie helfen! Dann fiel ihr Blick auf die Hantel, die zwischen Xenas Beinen klemmte...

Xena, die den Blick bemerkte, hielt inne. "Wir sollten ihn verstecken," meinte sie. Ihre Mundwinkel zuckten.

"Eine gute Verkleidung wäre sicher hilfreich," stimmte Gabrielle ihr verschmitzt grinsend zu.

"Was... was habt ihr vor?" fragte Joxer. Er schien auf einmal mit dem Gedanken zu spielen, sich dem verärgerten Kriegsherren vor die Füße zu werfen. Der Ausdruck in den Gesichtern von Kriegerin und Bardin gefiel ihm überhaupt nicht.

"Gute Idee, Gabrielle." Xena setzte sich auf und spielte nachdenklich mit der Hantel.

"Leute," rief Joxer, "was wird das hier??" Seine Stimme klang schon fast ein bißchen hysterisch.

Mit einem kritischen Blick sah die Bardin an sich herunter, dann zu Joxer, und schüttelte den Kopf. "Zu klein. Zieh dein Oberteil aus, Xena."

Xena nickte. Mit einem schnellen Handgriff löste sie die Schnüre, die das Kleidungsstück festhielten, und es glitt sanft zu Boden.

Joxer fiel in Ohnmacht.

***

"Das kann nicht euer Ernst sein," winselte Joxer. "So könnt ihr mich doch nicht auf die Straße schicken!"

Xena hatte Mühe, ihr Grinsen zu unterdrücken. "Wie ich höre, ist Adamus ein sehr jähzorniger Mann," sagte sie schließlich mit todernster Miene. "Und seine Leute sind auch nicht besser."

Joxer schluckte hart und betrachtete sich noch einmal im Spiegel.

Eine vollbusige Frau mittleren Alters, die sein Gesicht trug, blickte ihm von dort entgegen. Seine Männerbrust war verdeckt durch eines von Gabrielles Hemden, das zwar etwas eng saß, aber etwas besseres hatten sie in der Eile nicht gefunden.

Das große Leinentuch, das Xena mitgebracht hatte, um sich den Schweiß abzuwischen, war kurzerhand zu einem modischen, langen Rock umfunktioniert worden.

Eine freundliche Frau, die schnaufend auf der Stelle gejoggt war, hatte mit etwas Gesichtsfarbe ausgeholfen, und so hatte Joxer nun dank Gabrielles künstlerischen Talenten einen weichen, glatten Teint, volle, kirschrote Lippen und einen aufreizenden Augenaufschlag.

Und, das Prunkstück der Verkleidung, gehalten von Xenas Oberteil und verdeckt durch die improvisierten Frauenkleider - die Hantel.

"Meint ihr wirklich, das funktioniert?" fragte Joxer, als er das Gerät noch einmal zurechtrückte. "Das Ding ist verdammt schwer. Es wird sicher verrutschen."

"Das Oberteil hält einiges aus", sagte Gabrielle mit einem vielsagenden Blick auf die Kriegerin, während sie seine Hände zur Seite schob und die Hantel wieder an die ursprüngliche Stelle schob. Wenn Joxer Xena nicht so gut gekannt hätte, er hätte geschworen, daß sie rot wurde. Aber es mußte wohl das Licht hier drinnen sein.

"Und vor allem solltest Du den Mund halten," riet ihm die Kriegerprinzessin. "Du wirst dich sonst noch verraten."

In diesem Moment wurde die Tür ein zweites Mal aufgerissen, und im Eingang stand ein angetrunkener, wenig amüsiert dreinschauender Krieger. Sein Beinkleid war durch einen häßlichen Fleck verunstaltet, der penetrant nach schalem Bier roch.

"Wo ist der verdammte Kerl? Jemand sagte, er sei hier hereingegangen."

Joxer quietschte kurz auf, dann verstummte er.

"Wen meint ihr, guter Mann," sagte Gabrielle lächelnd, während sie Joxer, das Busenwunder, an Adamus vorbei durch die Tür schob.

"Hier ist kein Kerl reingekommen," erklärte Xena mit unschuldigem Gesicht und folgte den beiden.

Mißtrauisch sah der Kriegsherr den dreien hinterher. Die älteste der Frauen hätte ihm auch gefallen können. Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen, als er sah, wie sie ihre volle Oberweite unter der Bluse zurechtrückte. Aber er wurde das Gefühl nicht los, daß die Frauen etwas vor ihm verbargen...

***

Erleichtert atmete Gabrielle auf, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten und die Straße überquerten, die zu ihrem Gasthaus führte.

Joxer hingegen wurde immer unruhiger. Nervös zupfte er an den ungewohnten Kleidern.

"Gabrielle," flüsterte er eindringlich.

"Pssst," zischte Gabrielle zurück. "Seine Männer sind noch hier. Keine Aufmerksamkeit erregen."

"Aber Gabrielle, die Hantel... das Oberteil..."

Gabrielle hielt ihm mit der Hand den Mund zu, als sie den mißtrauischen Blick eines Soldaten bemerkte.

"Ist total erkältet, die Arme," sagte sie, und schob Joxer weiter. "Heiser. Darf nicht so viel sprechen."

Zweifelnd sah der Soldat hinter der kleinen Gruppe her.

Xena fand plötzlich großes Interesse an einem Leberfleck auf ihrem Arm. Die Lippen fest aufeinandergepreßt, unterzog sie ihn einer eingehenden Untersuchung.

Sie erreichten die andere Straßenseite, und betraten bald darauf dankbar die Gaststube des kleinen Hotels, in dem die Kriegerin und die Bardin wohnten.

Keinen Moment zu früh, denn in diesem Augenblick versagte das Oberteil endgültig den Dienst, und die schwere Hantel stürzte ungebremst nach unten, auf einen von Joxers ausladenden Füßen. Dann rollte sie holpernd unter den Tresen, stieß gegen die Wand und blieb dort liegen.

Das grollende Geräusch wurde übertönt von Joxers jaulendem Aufschrei. Die wenigen Gäste, die sich zu dieser Tageszeit hier aufhielten, drehten sich um und sahen verwundert die fremde, viel zu stark geschminkte Frau an, die da auf einem Bein hüpfte, sich einen schmerzenden Fuß hielt und mit merkwürdig tiefer Stimme schimpfte.

Xena verdrehte den Oberkörper und sah prüfend an ihrem Rücken herunter.

"Sag mal, Gabrielle, findest Du wirklich, daß mein Hintern zu breit ist...?"

 

Ende

Kommentare werden immer gerne genommen - Ihr erreicht mich unter verrath@gmx.de

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